TV-Doku über den Boss - Bruce Springsteen beendet Europa-Tour
Mit zwei Konzerten im Londoner Wembley-Stadion hat Bruce Springsteen gerade seine große Europa-Tournee beendet. Ab Mitte August geht es für ihn und seine E Street Band in Nordamerika weiter. Mit 74 Jahren tourt der "Boss", wie ihn seine Fans nennen, immer noch unermüdlich um die Welt. "Born To Run" sozusagen.
Springsteen gilt als Stimme der Arbeiterklasse, als Chronist Amerikas und vor allem als großartiger Musiker, der bei seinen sehr langen Konzerten Zehntausende Fans in Stimmung versetzt. Die Doku "Bruce Springsteen, der amerikanische Freund" beleuchtet seine Karriere im Zusammenhang mit der jüngeren amerikanischen Geschichte. Sie läuft am Mittwoch (31.7.) um 22.10 Uhr auf Arte (und ist bis Ende August in der Mediathek).
"Die Zukunft des Rock 'n' Roll"
"Ich habe die Zukunft des Rock 'n' Roll gesehen, und sie heißt Bruce Springsteen", schrieb "Rolling Stone"-Kritiker Jon Landau einst, noch bevor dem Musiker der große Durchbruch gelang. Er sollte Recht behalten - und wurde später Springsteens Manager.
Was aus heutiger Sicht unvorstellbar ist, war damals üblich: Als Newcomer hatte Springsteen einen Vertrag über drei Alben unterschrieben. Die ersten beiden verkauften sich nur mäßig. Aber das dritte wurde ein Welterfolg. "Born To Run" erschien im August 1975 und machte Springsteen zum Megastar.
Rockstar und Stimme der Arbeiterklasse
Anhand von alten Interviews und mit viel Archivmaterial versucht der französische Regisseur Thomas Boujut die Motivation und die Seele des Mannes aus New Jersey zu zeigen und seine gesellschaftliche Bedeutung als Stimme der Arbeiterklasse einzuordnen.
Die Doku enthält viele interessante Anekdoten. Man erfährt von Springsteens Inspiration vom New-Hollywood-Kino der 70er Jahre, seine indirekte Verbindung zu Robert De Niro und Martin Scorsese und sein zufälliger Einfluss auf "Taxi Driver". Der berühmteste Satz aus dem Filmklassiker stammt demnach aus einem Konzert Springsteens.
Missverständnis "Born In The U.S.A."
Natürlich geht es auch um das große Missverständnis "Born In The U.S.A.". Den Hit deuteten Politiker, darunter der republikanische Präsident Ronald Reagan, gern als patriotische Hymne auf die USA, obwohl es eine bittere Abrechnung mit dem Vietnam-Krieg war und ist. Das gleichnamige Album verkaufte sich übrigens mehr als 30 Millionen Mal.
Ab 2004 engagierte sich Springsteen regelmäßig im Wahlkampf für die Demokraten. Mit dem ehemaligen Präsidenten Barack Obama ist er gut befreundet. "Ich bin der Präsident, aber er ist der Boss", verkündete Obama bei einer Veranstaltung während seiner Amtszeit. Der Spitzname "Boss" ging aus einem Scherz unter den Musikern der E Street Band hervor und blieb hängen.
Loblied auf den "Boss"
In seinem Film verfällt Boujut etwas zu sehr in Heldenkult und Lobhudelei. Kritische Themen kommen kaum vor. Dass Springsteen mit Depressionen kämpfte, wird nur am Rande erwähnt. Die Kontroverse vor zwei Jahren um horrende Ticketpreise, die mit den Werten - und dem Budget - der Arbeiterklasse nicht vereinbar waren und viele Fans verprellten, bleibt außen vor.
Mit knapp 60 Minuten ist "Bruce Springsteen, der amerikanische Freund" allerdings auch zu kurz, um alle Aspekte der Karriere eines globalen Megastars zu beleuchten, dessen Konzerte nicht selten drei- bis viermal so lang sind wie die Laufzeit dieser Doku.